Sehr geehrte Frau Ministerin Köpping, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Hilbert,
seit fast einem Jahr haben wir mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Die schwierigen Lebensbedingungen, wie wir sie bereits im letzten Jahr im Lockdown erfahren haben, setzen sich für Familien erneut fort und bringen viele an die Grenzen der Belastbarkeit. Kinder und Jugendliche erfahren Unsicherheit und Einschränkungen in der eigenen Lebensplanung und Lebensgestaltung!
Nach den sehr hohen Fallzahlen im Herbst und Winter in Sachsen und den damit verbundenen Einschränkungen, sind es erneut Familien, Kinder und Jugendliche, die unter diesen besonders zu leiden haben. Dabei ist eine hohe Solidarität mit den Hochrisikogruppen zu erleben, geht es doch häufig um die eigene Großmutter oder den eigenen Großvater. Kinder und Jugendliche müssen mit sehr scharfen Einschränkungen leben. Sich nicht mit mehr als einer oder einem Gleichaltrigen treffen zu können, ist keine Lappalie. Kinder und Jugendliche brauchen ganz besonders die eigene Peergroup und Raum zum Entdecken und Ausprobieren. Räume der Begegnung, wie Kita, Schule und offene Treffs sind ganz oder teilweise geschlossen. Das Medienkonsumverhalten hat sich verdichtet. Ferien liegen hinter uns, die Kindern und Jugendlichen zur Erholung und zum Kraftsammeln dienen sollten, dies aber nur eingeschränkt taten. Mit der 15 km Regel waren und sind Familien dabei auf den eigenen Haushalt zurückgeworfen. Durch die aktuellen Einschränkungen sind gerade für Kinder und Jugendliche Konflikte im öffentlichen Raum und Zuhause zu beobachten. Verhängte Bußgelder zahlen i.d.R. die Eltern, selbst wenn als Folge das Taschengeld eingezogen wird. Aber vor allem kriminalisieren wir damit Kinder und Jugendliche für ein entwicklungspsychologisch wichtiges Bedürfnis nach analogem Kontakt mit Gleichaltrigen und missachten ihre Kinderrechte! Auch hierbei geht es um Gesundheit, um psychische und seelische Gesundheit der aufwachsenden Generation! Berichte aus der Praxis und auch der Kinderkliniken[1] verdeutlichen, dass Kinder und Jugendliche bereits große Belastungen zeigen (exzessiver Medienkonsum, Essstörungen, Depressionen) und unter der sozialen Isolation leiden.
In der Regel tragen Mütter und Väter all diese Belastungen allein. Sie erleben Einschränkungen bei der Teilnahme an Schwangerschafts- und Geburtskursen, Väter können zum Teil bei/nach der Geburt ihres Kindes in Kliniken nicht dabei sein. Die einseitige Fokussierung der Notbetreuung in Kindertageseinrichtungen auf systemrelevante Berufe und § 8a Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung bringt es mit sich, dass Mütter und Väter 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche unter Dauerstress stehen. Die Konfliktlagen aufgrund der Mehrfachbelastung durch Homeoffice/Homeschooling und Betreuung des Kindes/der Kinder, finanzielle Sorgen und fehlender Freizeit/Erholung verstärken sich. Erholungszeiten mit den Kindern sind nicht planbar, da Ferien kurzfristig verschoben wurden und Reisemöglichkeiten beschränkt sind. Als Beispiel sind die sächsischen Winterferien zu nennen. Für viele Familien blieb hier dringend benötigte Erholung aus, da die kurzfristige Verschiebung in vielen Betrieben nicht kompatibel mit der Urlaubsplanung war. An dieser und ähnlichen Stellen fehlen verlässliche, längerfristige und zeitnahe Informationen von Seiten der Politik an die Betroffenen um eine Planungssicherheit zu ermöglichen.
Es muss gehandelt werden!
Daher appellieren wir an Sie und bitten Sie bei den weiteren Maßnahmen insbesondere die Situation von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen und damit ebenso die Familien zu entlasten!
- Heben Sie die Kontaktbeschränkung von einer Person aus einem anderen Haushalt für Minderjährige im Rahmen der 5-Personen-Regel auf!
- Schaffen Sie gezielt Begegnungsräume für Kleingruppen, wo unter Beachtung der Hygienemaßnahmen ein Treffen von Kindern und Jugendlichen sowie Familien mit (Klein)Kindern ermöglicht wird!
- Beauftragen Sie Kinder- und Jugendhilfeträger in Stadtteilen bzw. regional, praktische Hilfsangebote für Kinder, Jugendliche und Familien auch bzgl. Homeschooling zu machen. Sichern Sie Fachkräften der Schulsozialarbeit den Zugang zur Schule!
- Öffnen Sie Horte auch für die 5./6. Klasse, da diese Altersgruppe bei Erwerbstätigkeit der Eltern, nicht alleine zu Hause verbleiben kann!
- Schaffen Sie für Minderjährige Alternativen zum Bußgeldkatalog, wo Kinder und Jugendliche in ihrer Situation ernst genommen und nicht kriminalisiert werden!
- Schaffen Sie eine gezielte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in der Pandemiebewältigungsstrategie. Beteiligen Sie Schülersprecher_Innen* und Vertreter_Innen* aus Jugendräten in den Krisenstäben der Kommunen, um die Stimme der Kinder und ihre Lösungsideen einzubinden, als über sie zu entscheiden!
- Unterstützen Sie besonders die sozial und strukturell benachteiligten Familien durch finanzielle Hilfen, technische Ausstattung/Begleitung zur Umsetzung des Homeschooling
- Öffnen Sie Beratungsangebote der offenen Arbeit und Familienbildung zu erzieherischen Fragen und zu finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten sowie Schwangerschaft und Geburtsvorbereitungskurse!
- Öffnen Sie die Betreuungsmöglichkeiten zur notwendigen Alltagsentlastung über systemrelevante Berufe und Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung hinaus!
Zeigen Sie dadurch Ihre Wertschätzung für die Arbeit der Familien, die bisher schon geleistet wurde, um die Pandemie zu meistern. Besonders Kinder, Jugendliche und Familien brauchen Sie und Ihre Unterstützung in dieser schwierigen Zeit!
Gerne stehen wir für einen Austausch zu weiteren kreativen und entlastenden Ideen zur Verfügung!
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Holger Strenz
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Kontakt Fach-AG Familienbildung Dresden
Sprecher Lutz Freudenberg
0176 73867791
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Projekt „fabi“ – Familienbildung und integrierte Hilfen“ des VSP e.V. Dresden
Jacob-Winter-Platz 2
01239 Dresden
[1] Juco-Studie, 2 Ffm, Hildesheim https://hildok.bsz-bw.de/frontdoor/index/index/docId/1166